in Armut aufgewachsen

Ich wuchs in dem Bewusstsein auf, dass wir arm wären, und dass daran der Krieg schuld war, der eine ordentliche Schulbildung meiner Eltern verhindert hatte. 

Meine Eltern waren dabei stolz darauf, dass wir nicht hungern mussten. Dass nur billige Nahrungsmittel auf den Tisch kamen, das war natürlich klar. Ein Huhn war schon ein Festessen. Meine Mutter war keine gute Köchin, außerdem musste es schnell gehen, sie hatte wenig Zeit. So gab es wenig Abwechslung, und leider vertrug ich einige der Gerichte nicht, bei anderen grauste es mir "nur". Auf so was konnte man natürlich keine Rücksicht nehmen. "Sei nicht so zimperlich" hieß es, und mein Vater kramte die Geschichte von den Würmern in den Erbsen hervor. Im Internierungslager hatte es nur wurmige Erbsen gegeben, und manche seiner Leidensgenossen verkrochen sich zum Essen in finstere Winkel, damit sie nicht sehen mussten, was sie da aßen. Dabei hätte es sicher keine Mehrkosten bedeutet, und auch nur wenig Aufwand, für mich das wegzulassen, was ich nicht vertrug. Ich hätte gerne Knödel ohne Fruchtfüllung oder "nackte" Kartoffeln und Teigware gegessen, ohne die gerösteten Zwiebeln.

Auch bei der Kleidung musste gespart werden. Wo es ging, bekam ich abgelegte Kleidung von der "reichen" Verwandtschaft (meine Großtante war Hausdame bei Industriellen), in meiner frühen Kindheit wurde viel von meiner Mutter genäht, später trug ich Hosen, die mein Vater genäht hatte. Wenn ich damit wenigstens gut ausgesehen hätte ....! Aber das war gar nicht erwünscht. Sauber und ordentlich, das ja, aber bloß nicht gutaussehend! Das hätte doch Männer auf mich aufmerksam machen können .... 

Auto und Reisen waren in meiner Kindheit auch für andere meist unerreichbarer Luxus. Aber so wie bei uns geknausert wurde, das war sicher nicht normal. Besuchten wir ein Museum, musste diese Fahrt und das Eintrittsgeld ordentlich ausgenutzt werden. Wir rückten mit Proviant an und blieben den ganzen Tag dort. Gingen wir ins Bad, kauften wir nur Halbtagskarten und schleppten uns um 2 Uhr in der größten Mittagshitze wieder heim. Ganztagskarten waren Verschwendung, weil man sie nicht voll ausnutzen konnte, und schon gar nicht, wenn es nachmittags ein Gewitter gab.

Ich erinnere mich an meine Begeisterung für Duftwasser. Echtes Parfum kannte ich gar nicht. Auch die Fläschchen für das Duftwasser waren winzig, ich glaube, so was gibt es gar nicht mehr. Ein Tropfen hinter das Ohr, einmal geschnuppert, und dann konnte man sich nur mehr einbilden, dass man gut roch. Meine Mutter ging so "ausgestattet" zum Tanzen. 

Als ich mit der Volksschule fertig war, empfahl die Lehrerin das Gymnasium. Schließlich war ich die beste Schülerin. Aber damals musste man die Schulbücher kaufen, wenn man eine solche Schule besucht. So viel war meinen Eltern meine Bildung nun nicht wert. Ich wurde also in die Hauptschule geschickt, in der man die Bücher zum Anfang des Jahres bekam und am Ende wieder abgab. Dann kam die Schulbuchaktion, und nun sahen meine Eltern gute Chancen für mich, dass ich doch "was Besseres" werden könnte. Ich besuchte das Oberstufenrealgymnasium und quälte mich bis zur Matura durch.  Danach sollte ich was studieren, aber was, das blieb unklar. Zoologie hätte mich interessiert, ein Interesse, das ich der Tatsache verdanke, dass meine Eltern die Kenntnis über allerhand Tiere förderten. Aber von was lebt denn ein Zoologe? Nein, das schied aus. Weiter kam ich mit meinen Überlegungen nicht, denn als ich in der 8. Klasse war, kamen meine Eltern drauf, dass sie ja noch ein drittes Kind haben (mein Bruder war damals 10), das schließlich auch Geld kostete, und ein Studium war finanziell also nicht drinnen.

Ein gutes Klavier wurde gekauft, als ich 7 Jahre alt war. Um den Preis, den das Klavier und der Klavierunterricht gekostet hat, hätten wir uns sicher einiges Angenehmes leisten können. Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich Klavierspielen lernen wollte. Ich glaube, dass es sehr viel gab, was ich viel lieber gewollt hätte. Aber da hieß es immer "dafür haben wir kein Geld".

Ein Haustier? Kommt nicht in Frage! Macht nur Arbeit und kostet Geld. Hunde und Katzen waren in dem Haus sowieso verboten, aber nicht mal ein Hamster oder ein Meerschweinchen war für meine Eltern akzeptabel. Außerdem würde so ein Tier vom Lernen abhalten. Mit 14 durfte ich dann ein Aquarium haben. Als ob das billig gewesen wäre! Die Fische machten aber keinen Lärm, keinen Mist außerhalb des Behälters, und sie stanken auch nicht. Ablenken taten sie vorübergehend schon, aber das gab sich auch wieder. Man kann schlecht spielen mit ihnen .....

Judo-Kurs? Dafür haben wir kein Geld. Außerdem ist das keine gute Idee. Meinen Eltern war es lieber, ich würde mich vor den "bösen Männern", vor denen sie mich warnten, fürchten. Würde ich Judo lernen, so erklärte mir mein Vater, würde ich übermütig werden und mich erst recht in Gefahr bringen. Er war Meister darin, solche Erklärungen zu finden.

Tanzschule? Kein Geld dafür, wie gehabt. Ist auch völlig unsinnig, dass ich da hingehe. Würde mir sicher nicht gefallen, so mein Vater, und dann wäre das Geld dafür rausgeschmissen. Wenn ich tanzen lernen möchte, kann er es mir beibringen. Das sah dann so aus: im Zimmer zwischen Klavier und Tisch, aufpassen dabei, dass ich nirgendwo anstoße, ohne Musik, Tanzschritte lernen. Gelegentlich gemeinsam mit meinem Vater. Klar, dass das keinen Spaß machte, ich hatte bald die Nase voll davon. Worauf mein Vater triumphierte: er hatte ja gewusst, dass ich nicht lange Lust haben würde tanzen zu lernen. Dabei kann ich mich überhaupt nicht erinnern, dass ich jemals zuvor gewagt hätte etwas abzubrechen, was ich begonnen hatte. 

Wir waren arm, eindeutig. Der Mangel an Geld war dabei wohl der geringste .... 

 

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