Gesundheit

war in meiner Kindheit ein widersprüchliches Thema, über das nur fragmentarisch gesprochen wurde. Es war eine seltsame Mischung aus Aussagen, Handlungen und übermittelten Gefühlen, in der ich aufwuchs. Da war so eine Schicksalsergebenheit, die im Raum hing und mir den Eindruck vermittelte, dass es meist keinen plausiblen Grund dafür gibt, warum es einen „erwischt“, dass man hilflos ausgeliefert ist. Gleichzeitig konnte ich aber deutlich eine gewisse Verachtung meines Vaters gegenüber seiner kränkelnden Frau und uns Kindern, wenn wir krank waren, spüren, auch wenn er sie noch so sehr hinter Freundlichkeit und rücksichtsvollem Verhalten verbarg. Es war so eine Freundlichkeit, die sagte „Ihr taugt nichts, trotzdem lasse ich Starker mich dazu herab nett zu euch zu sein“. Dementsprechend war es ihm natürlich unangenehm, wenn er selbst mal krank war oder ihn ein Leiden plagte. So lange es ging verbarg er es vor anderen und vermied einen Gang zum Arzt. Auch als ihn immer stärker werdender Tremor in seinen letzten Arbeitsjahren behinderte, suchte er keine Hilfe. „Es genügt, wenn einer in der Familie dauernd zum Arzt geht“ war eine deutliche Aussage dazu.
Ich glaube aber nicht, dass er von Natur aus ein kräftiger und gesunder Mensch war. Was mir sein älterer Bruder eines Tages über die Kindheit meines Vaters erzählte, lässt eher den Schluss zu, dass er sich Schwäche irgendwie verbot, was meines Erachtens starke mentale Kräfte voraussetzt. Gleichzeitig verbot er allerdings seinen Kindern (und sich selbst?) an was auch immer zu glauben, das irgendeine (damals) nicht medizinisch beweisbare Wirkung auf die Gesundheit haben könnten. Ich war um die 30, als ich am Telefon mal sagte, ich würde spüren, dass sich eine Erkältung entwickelt, und mich ins Bett legen und auf Gesundung konzentrieren. Da hat er mich doch glatt ausgelacht und gesagt, so was ginge gar nicht. Dabei hatte ich doch nur vorgehabt, mich möglichst ruhig zu verhalten um meinen Selbstheilungskräften den Weg zu ebnen. Aber auch das war wohl schon zu viel an Zugeständnis an irgendwas irgendwie Unheimliches.
Auch bekam ich die Einstellung vermittelt, dass Gesundheit keineswegs dazu gut ist, sich einfach wohlzufühlen. Vielmehr hat man Leistung zu erbringen, so weit es die körperliche Verfassung erlaubt.  So beschleicht mich heute noch oft ein ungutes Gefühl, wenn ich nach meinem Befinden gefragt werde. Es ist für mich, als würde der Fragende nur „abklopfen“, wie weit er mir Leistung abverlangen kann, und ich gebe ungern zu, wenn es mir mal gut geht. Vermutlich hatte das in meiner Kindheit unangenehme Folgen, auch wenn ich mich nicht konkret daran erinnere.

Obwohl mein Vater sonst so auf seinen Verstand hinwies, immer alles besser wusste als andere, im Falle einer Begegnung mit einem Arzt scheint dieser Verstand schlicht und einfach ausgeschaltet worden zu sein. Niemals wurde irgendetwas angezweifelt, was ein Arzt sagte, niemals Interesse dafür entwickelt, was im eigenen Körper oder in dem von Familienmitgliedern vorging, selbst wenn eine Diagnose sich schließlich als falsch herausstellte, änderte das nichts daran. Wie meine Mutter sich ohne einen so unterdrückenden Partner verhalten hätte, kann ich nicht sagen. Ihr ging es so schlecht, dass sie oft zum Arzt musste, egal was mein Vater davon hielt, und dann tat sie brav, was ihr vom Arzt gesagt wurde.

Bei kühler Witterung wurde ich warm eingepackt, ging schon im Mantel, wenn andere noch längst keinen brauchten, um mich vor Erkältungen zu schützen. Schuhe, in denen ich im Winter keine Frostbeulen bekam, gab es allerdings nicht für mich. Die Schuhe waren doch eh warm gefüttert ! - allerdings zu eng. Tja, wie gesagt, das eigene Denken kam hier zu kurz. Die Mandeln wurden mir vorsorglich vor Schuleintritt entfernt, damit ich nicht wieder eitrige Angina bekomme und vielleicht deswegen was vom Unterricht versäume. Ich musste das grauslich schmeckende Sanostol schlucken, weil irgendwer bestimmt hatte, dass Kinder das für ihre gesunde Entwicklung brauchen. Und ich wurde gewarnt, keine Kerne (nicht mal von Wassermelonen) zu verschlucken, die sich dann im Blinddarm verfangen könnten, was dort zu einer Entzündung führen würde. 
Als mir in der Pubertät die Zähne zerfielen, fehlte offenbar eine Anregung aus dem ärztlichen Bereich. Denn auch die Dentistin, zu der wir immer gingen, sagte nichts, obwohl das ihr Job gewesen wäre. Sie sagte erst nach Jahren, dass ich Kalkmangel hätte und endlich was dagegen tun müsse (nachdem sie mich anfangs verdächtigt hatte, mit Süßigkeiten meine Zähne zu ruinieren und mir nicht glaubte, dass es diese bei uns kaum gab - mit meinen Eltern, die sie diesbezüglich aufklären hätten können, sprach sie offenbar nicht darüber), und das in sehr vorwurfsvollem Ton, so als hätte ich es wissen müssen. Ich  aber war damit beschäftigt, den Ansprüchen meiner Eltern zu genügen, plagte mich mit der Schule und dem Klavier, für Gedanken zur Förderung von Gesundheit bzw. zur Rettung meiner Zähne war da kein Platz. Dabei litt ich entsetzlich, einerseits, weil ich so stolz auf meine schönen Zähne gewesen war, anderseits, weil sie empfindlich waren und die Bohrerei ein Albtraum.  Meine Eltern redeten sich auf den Krieg aus, wenn es um ihre Zähne ging. Die waren schlecht, weil sie damals Mangel leiden mussten. Nun war aber nicht Krieg, angeblich litt ich keinen Mangel, aber trotzdem schienen sie es völlig normal zu finden, dass ich ein Loch nach dem anderen in meinen Zähnen bekam und schließlich ganze Stücke wegbrachen. Nein, sie fanden es - glaube ich - gar nicht. Sie verschwendeten nicht einen Gedanken daran ....

Dass Quecksilber giftig ist, wussten wir natürlich. Ist ja Allgemeinwissen. Dass es auch im Amalgam ist, wussten wir auch. Trotzdem war das keine Überlegung wert, auch nicht, als es mir bald nach den ersten Plomben immer schlechter ging. Es wurde einfach kein Zusammenhang hergestellt, schließlich gab es genug andere mögliche Gründe für meine Probleme und außerdem bekamen alle Amalgam-Plomben und vertrugen sie. (Wenn man für alles einen anderen Grund findet, kann man leicht so was behaupten.) Wenn etwas giftig war, dann sagten die Ärzte das doch auch. So wie bei den Tabletten, die meine Mutter wegen ihrer Migräne schluckte. Sie enthielten Mutterkorn und mussten wegen ihrer Giftigkeit vom Chefarzt bewilligt werden. Angeblich halfen andere, ungefährlichere Mittel ihr nicht. Das war ein gewisses Gefahrenpotential, und ein bisschen fühlte sich meine Mutter wahrscheinlich auch unwohl dabei. Aber andererseits hatte ich auch den Eindruck, dass da ein gewisser Stolz war. Vielleicht darüber, dass das Zeug sie nicht umbrachte.

Wie schon erwähnt: Eine Aussage und Verordung eines Arztes wurde niemals in Frage gestellt. Zusammen mit manchen Vorstellungen meiner Eltern entwickelte sich nicht nur das Amalgam zu einer gefährlichen Angelegenheit für mich. So wurde die Hausärztin um Rat gefragt, als sich meine Eltern beunruhigten, weil ich jede Nacht, so ungefähr um Mitternacht, auf die Toilette schlich. Da ihr Schlafzimmer angrenzte, merkten sie es, egal wie vorsichtig und leise ich war, und es störte sie. Nicht so sehr, weil ich sie damit vielleicht aufweckte, sondern weil sie es als nicht normal einstuften. Die Ärztin riet meinen Eltern, mir am Abend nichts mehr zu trinken zu geben. Sicher war ihr dabei nicht bekannt, dass ich ohnehin schon zu wenig zu trinken bekam, und sollte sie überhaupt danach gefragt haben, hatte sie sich mit einer ungenügenden Antwort zufrieden gegeben. Denn mein Vater fand, dass Trinken weitgehend unnötig war. Es wird ja eh nur wieder ausgeschieden. Und jetzt gab es also am Abend gar nichts mehr zu trinken für mich. Auf die Toilette ging ich aber weiterhin jede Nacht. Auch wenn dann nur ein paar ätzende Tropfen kamen ....

Allmählich lernte ich, als ich erwachsen war, dass man sich für Gesundheit interessieren kann. Zunächst fühlte es sich gut an, ein bisschen was zu wissen und zu verstehen, was Ärzte so von sich geben, und das Gefühl zu haben, dass man für seine Gesundheit sehr wohl selbst etwas tun kann. Dabei blieb ich aber leider  lange auf der Stufe hängen, die die psychische und energetische Seite von Krankheit ausgeklammert, und allmählich verunsicherte mich die Vielzahl von  Symptomen, Behandlungen und die geratenen Vorbeugungs- und Früherkennungsmaßnahmen. Schon allein die Angaben, welches Vitamin wozu dient und worin steckt, und wie man daher seine Nahrung optimal zusammenstellt, wobei zu berücksichtigen ist, wovon man wegen anderer Wirkungen besser doch nicht zu viel isst, stellten mich vor eine unlösbare Aufgabe, die diversen Fitnesstips ließen mir einen 48 Stunden-Tag notwendig erscheinen, und dann noch die diversen Untersuchungen ...  Einmal habe ich eine Gesundenuntersuchung mitgemacht und war total geschlaucht,  weil der Test „Blut im Stuhl“ positiv war und weitere Untersuchungen erforderte. Doch das Ergebnis war, nachher nur zu wissen, dass keiner was Eindeutiges herausgefunden hatte, außer dass mein Dickdarm zu lang ist und deswegen links oben ein recht scharfes Eck macht - und dass mir auf das Abführmittel X-prep speiübel wird. Nie wieder, schwor ich mir!
Viel zu lange vertraute ich den Schulmedizin betreibenden Ärzten und blieb zunächst auch noch bei solchen, die von der Krankenkasse bezahlt wurden. Von denen wurde ich immer wieder mit der Diagnose
Alles in Ordnung - Sie sind gesund nach Hause geschickt, obwohl es mir immer schlechter ging. Es hatte zwar jeder andere Vorlieben, aber im Prinzip folgten sie der selben Linie: die gängigen Untersuchungen anstellen, nichts finden, den Patienten für gesund erklären. Wenn er sich nicht wohl fühlt, dann bildet er sich das halt ein. Lediglich mein zu niedriger Blutdruck wurde bemerkt, und dagegen erhielt ich Medikamente, die zwar den Blutdruck etwas erhöhten, aber nicht zu subjektiv merkbarer Besserung führten. Ich beschloss zu Ärzten zu wechseln, die zusätzliche Ausbildungen gemacht haben und ihr Wissen für viel Geld zur Verfügung stellen. Zum Glück habe ich einen Mann, der genug Geld für uns beide verdient, sodass ich mein bescheidenes Einkommen für Arztbesuche und Behandlungen ausgeben konnte. Damit kam ich allerdings vom Regen in die Traufe. Zwar wurden nun tatsächlich diverse Fehler im System - u.a. eine Candida-Infektion - entdeckt, doch deren Behebung brachte entweder gar nichts oder nur vorübergehende Besserung, nach der es dann wieder so sehr bergab ging, dass es nachher noch schlechter war als vorher. 
Schließlich versuchte ich mein Glück mit
alternativen Methoden. Homöopathie, Akupunktur, chinesische Kräutermedizin, Cranio-Sakral-Therapie, Vitaminpräparate, und noch einiges mehr, bis hin zu Psychotherapie. Mal mit etwas Erfolg, mal nicht, ich habe dabei einiges gelernt, aber den großen Durchbruch gab es nicht. Die allmählich entstandene Überlegung, dass es nicht eine Methode gibt, die mir helfen könnte, sondern dass es eine Kombination sein muss, weil sowohl psychische als auch körperliche Ursachen an meinen Problemen beteiligt sind, mochte noch so schön und richtig sein, das erwünschte Ergebnis blieb dennoch aus.

Ich habe meine Erfahrungen detaillierter in den Unterkapiteln geschildert, für mich selbst und für jene, die selbst keine (ausreichende) Hilfe bei Ärzten gefunden haben und vielleicht ebenfalls haarsträubende Erlebnisse mit diesen hatten. Es mag für sie Bestätigung ihrer eigenen Erfahrungen sein, dass unsere hochgelobte Medizin nicht immer so gut ist, wie gerne behauptet wird. Wer an einer nicht allzu deutlichen „Behinderung“ leidet, fällt oft genug immer noch „durch den Rost“, dazu gehört natürlich auch ganz besonders Mangel an Lebensenergie. Die ist in östlichen Medizinsystemen selbstverständlicher Bestandteil, bei uns wird meist so getan, als würden Menschen grundsätzlich gleich funktionieren, und so heißt es einfach nur „streng dich an“, wenn es an Kraft mangelt, man wird vielleicht sogar ins Fitnesscenter geschickt, wo die Lebensenergie noch mehr verbraucht wird. 

Ich habe großes Glück dahingehend, dass ich aus dem Leistung-erbringen-müssen aussteigen konnte. Laufende Unterstützung durch eine spezielle Ärztin und energetische Methoden erwiesen sich als notwendig, ebenso wie die Vermeidung diverser Belastungen. Schließlich fand ich zu einer Energetikerin, die mir auch einen erweiterten Blickwinkel auf die Zusammenhänge von Energie, sogenannter Psyche und Körper ermöglichte: Wie Glaubenssätze, Trauma, innere Anteile, der allgemeine energetische Zustand bis hin zu Besetzungen Wirkungen haben. Sich um gesunde Lebensführung kümmern muss man sich bei all dem allerdings auch.

Stand September 2014 

 

 

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