unangemessen ...

Es war ein wunderbarer Nachmittag! Ich durfte ihn bei meinem Cousin verbringen, wir saßen in seinem Zimmer auf dem Teppich und spielten mit seinem Technik-Baukasten. Ich war wie im 7. Himmel, und die Zeit verging viel zu schnell. So stand auf einmal mein Vater in der Türe und unterbrach unser Spiel, die Zeit war um, ich sollte mitkommen. In meiner Glückseligkeit übersah ich die sich aufbauenden Gewitterwolken, als ich den Wunsch äußerte, noch ein bisschen dableiben zu dürfen. Da brach auch schon das Unwetter über mich herein!

Mein Verhalten war einfach unangemessen. Der Grund für dieses höchst seltene Ereignis (nämlich dass ich mit meinem Cousin spielen durfte) war ein Begräbnis. Ich war als noch zu jung befunden worden um mitzugehen, und ich verstand das alles auch überhaupt nicht. Aber ich hatte gefälligst traurig zu sein, weil jemand gestorben war, und nicht glücklich, weil ich mit meinem Cousin spielen durfte. Ich weiß nicht mehr, was mein Vater genau sagte. Irgendwas von gefühllos oder so. Ich begriff, dass ich ein unmögliches, schreckliches Kind war, und unter seinem zornigen Blick verfiel ich regelrecht, ließ mich widerstandlos "abführen". 

Ich erinnere mich nicht mal mehr, wer überhaupt gestorben war. Kann sein, es war mein Urgroßvater. Er starb, als ich 7 Jahre alt war, und spielte so wenig Rolle in meinem Leben, dass es keine Bedeutung für mich hatte ob er nun da war oder nicht. Ich erinnere mich kaum an etwas ihn betreffend, habe nur ein Bild vor Augen: ein alter Mann, der am Werkstattfenster saß und den vorbeiziehenden Krähenschwärmen an den Winter-Spätnachmittagen zusah. Vom Tod an sich hatte ich damals überhaupt keine Vorstellung. 

An die seinerzeitige Stimmung zu Hause erinnere ich mich auch nicht mehr, aber an andere, spätere Todesfälle in meiner Familie, meine Großeltern und meine Schwester. Von Trauer war da nie was zu merken! Die Stimmung mochte noch etwas angespannter und gedrückter gewesen sein als sonst, aber man machte weiter seine Arbeit, kümmerte sich um die nötigen Erledigungen, verbot sich und vor allem seinen Kindern bestimmte Aktivitäten, und vielleicht setzte man auch eine ernstere Miene auf, wenn man Nachbarn und Bekannten begegnete. Ich gehe daher davon aus, dass auch beim Tod meines Urgroßvaters nicht die große Trauer ausgebrochen war. 

Meine "Unangemessenheit" hatte wohl hauptsächlich darin bestanden, dass ich mal glücklich war, und das noch dazu bei anderen Menschen!

Eine dazu passende, aber entgegengesetzte Geschichte, ist der Tag im Prater

 

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