Hypno-Therapie - 8

Im November folgte ich einer Einladung und ließ mich eine Woche lang intensiv mit Jin Shin Jyutsu behandeln. Gleichzeitig hatte ich Gelegenheit zu Gesprächen über Seele, Vergangenheit und Gegenwart. Nach dieser Woche konnte ich Arm und Kopf wieder bewegen, fast schmerzfrei, und ich spürte eine tiefe Verzweiflung. Ich glaube, diese Verzweiflung war die ganze Zeit dagewesen, hatte sich aber nur in körperlichen Symptomen ausdrücken können, und ich bin mir sicher, dass sie aus meiner Kindheit stammt, auch wenn sie jetzt durch aktuelle Ereignisse genährt wurde und ich bei jedem entsprechenden Anlass in Tränen ausbrach.

Bald danach hatte ich die nächste Therapiestunde. Ich spürte, dass ich so nahe an meinem Gefühl dran war wie nie zuvor und wollte dies zu einer Trance nutzen, die mir X zwei oder drei Mal in Aussicht gestellt hatte. Dazu bräuchte ich nur ein Foto aus meiner Kindheit mitbringen, oder vielleicht mehrere, um das geeigneteste herauszufinden. Zunächst aber wollte X über den aktuellen Stand informiert werden, wie es mir so ginge. Dummerweise erwähnte ich dabei, wie mich die Äußerung meines Mannes, erst an diesem Morgen,  er wolle von diesen ganzen Kindheitgeschichten nichts mehr hören, mich aus der Fassung gebracht hatte, wobei mir die Tränen über das Gesicht liefen. Darüber wollte ich aber nicht weiter reden, sondern erbat die Kindheits-Trance. X betrachtete die beiden mitgebrachten Bilder, fand, sie sähen doch wie ganz normale Kinderfotos aus, und gab sie mir zurück. Dann knurrte er mich - mit viel Ungeduld im Tonfall - an: "Also, Frau ****, jetzt ist es Zeit damit aufzuhören, dass Sie sich immer nur bemitleiden und Ihrem Mann die Schuld daran geben, dass Sie sich nicht weiterentwickeln. Sie müssen etwas TUN!" Ich war schockiert. Gerade hatte ich ihn doch um etwas gebeten, was wir tun könnten, und was gar nichts mit meinem Mann zu tun hatte! Aber nein, so was meinte er nicht, denn er fuhr damit fort, die Suche nach einem neuen Job und die Teilnahme an einem Tantra-Kurs zu fordern. Ich weiß nicht mehr, wie die Stunde weiterging. Ich war nur in Tränen aufgelöst und bekam gar nichts mehr richtig mit, ließ mir letztlich sogar einen neuen Termin aufdrängen. Aber das Samenkorn der Erkenntnis war gelegt - endlich begann ich "aufzuwachen" ! Dieser Mann, der immer bemängelt hatte, dass ich mit zu wenig Gefühl von meiner Vergangenheit rede, war überfordert, wenn ich wirklich ein starkes Gefühl der Verzweiflung zeigte! Er musste mir dieses Gefühl verbieten und unmögliche und in dieser Situation schlicht und einfach völlig unpassende Forderungen stellen! Er hat sein Versprechen gebrochen, mit mir eine Kindheitsbearbeitung zu machen! Solange ich selbst geglaubt hatte davor zurückzuschrecken, mich nicht ranzutrauen, hatte er so getan, als wäre meine Erklärung, zu viel Angst davor zu haben, eine schwache Ausrede, die er halt so gelten lässt, weil er mich nicht drängen will. Nun ging mir auf, dass ihm das nur recht war, weil er so was selbst nicht aushält! Er, der "große" X, der angeblich mit allem fertig wird! Und kann es nicht auch sein, dass ihm die "Ablenkung" durch meine ehelichen Probleme, die mich von der Kindheitsbearbeitung öfters abhielen, nur recht waren?

Zur nächsten Stunde ging ich nur, weil ich sie nicht bezahlen musste, und weil in unserem seinerzeitigen "Vertrag" eine Art Abschlussstunde vorgesehen war. Außerdem wollte ich "reinen Tisch" machen. Ich wurde mir immer sicherer, dass ich diese Therapie abbrechen wollte, ja musste, und ich übte in meinen Gedanken Sätze, mit denen ich es X erklären wollte. Davon brachte ich nur den Einleitungssatz heraus, mit dem Inhalt, dass ich das Gefühl hätte, dass mich die Therapie bei ihm nicht zum Ziel bringt. Da forderte X mich auf, mir die Situation in Bildern vorzustellen und ihm diese zu schildern. Na schön, dachte ich mir, dann sage ich es halt bildlich. Ich entschied mich dafür, das zu erreichende Ziel als einen schönen Berg mit einem Paradies oben drauf zu schildern, den Punkt, den ich erreicht hätte jedoch als hässlichen, kahlen Hügel, von dem aus ich den Berg nur sehen würde. Ich würde jetzt den Weg wieder zurückgehen müssen und einen anderen einschlagen. X wäre nicht X, wenn er nicht versucht hätte, die Sache für sich hinzubiegen. Oder vielleicht begriff er es nicht, dass dies das Ende war? Glaubte er, ich würde ihn um Hilfe bitten? Ob es da auf dem Hügel nicht auch schön wäre, ob ich nicht mit dem Erreichten zufrieden sein könnte, wollte er wissen. Nein, also wirklich nicht! Was hatte ich denn erreicht? Ich kam mit meinem Job nicht mehr klar, mit meinem Mann nicht, und von der versprochenen Gesundung konnte schon gar keine Rede sein! Gerade mal ein bisschen mehr Überblick hatte ich, um zu sehen, was alles nicht passt in meinem Leben, aber keinen Ausweg! Und während er so herumredete, passierte es, dass sich das Bild vor meinem inneren Auge veränderte, aus dem schönen Berg wurde ein hässlicher, steil, kahl, unbezwingbar, und die Landschaft rundherum wurde zur Wüste. Trotzdem beharrte ich darauf, dass ich da hinauf müsste, weil da etwas wäre, was ich unbedingt haben wolle. 

Die Geschichte macht nun einen kleinen Abstecher auf die Seite mit dem Bild.

Damals war ich sehr verärgert darüber, dass durch den Einfluss von X mein Bild von dem schönen Berg "zerstört" wurde und sich diese hässliche Landschaft entwickelte. Doch heute kann ich die Botschaft dahinter erkennen, sehen, wie mein Unbewusstes die Wahrheit zeigte. Zuerst das Vorgaukeln eines Paradieses, für das man sich halt ein bisschen anstrengen muss. Er sprach ja auch öfters von zu überwindenden Bergen, davon, dass es "aufwärts" ginge, und dass er der Bergführer wäre, der den Weg weist, nur gehen müsse man bitte schon selbst. Dann die Desillusionierung, der Berg wird unbesteigbar, voller Sackgassen, Abgründen und scharfen Kanten, aber ohne gangbaren Weg, der hinauf führt.  X stellte Forderungen bezüglich Eigenschaften und Taten, die ich erfüllen sollte, um mein Ziel zu erreichen, die aber hätten nur eventuell das Ergebnis der Therapie sein können, niemals das, was man dazu braucht. Er forderte also, keine Angst zu haben, um die Angst loszuwerden, er forderte Spaß zu haben, um Spaß haben zu können, er forderte so zu tun als hätte ich Energie, um Energie zu bekommen, er forderte mich von allen Sicherheiten (Mann und Job) zu lösen, so als wäre ich gesund und als stünden mir alle Möglichkeiten offen, um gesund zu werden. 
Und die ganz besondere Ironie dabei: X forderte mich noch auf, diesem Berg den Rücken zu kehren und mich von ihm zu entfernen! Wie blind muss ein Therapeut sein, dass er es nicht merkt, wenn man ihm den Spiegel vorhält! So gut hätte ich ihm das "in klaren Worten" damals gar nicht sagen können, weil es mir zum Teil selbst nicht bewusst war oder ich es nicht über die Lippen gebracht hätte. Und X fragte mich anschließend doch tatsächlich noch, wann ich wiederkommen würde!

Erst in den folgenden Wochen und Monaten war es mir möglich, all die kleinen Verletzungen zu spüren, die ich während der "Therapie" mir nicht erlaubt hatte zu bemerken. Die Stiche, als er meinen Mann und auch mal mich nachäffte, nachdem er bemerkt hatte, wie ich vorsichtig durch das Fenster lugte, um zu sehen, ob der Klient vor mir noch da ist (ich hasse es prinzipiell, wenn jemand jemanden nachäfft), oder wenn er diverse anzügliche Bemerkungen machte (die angeblich therapeutisch wirksam waren), den Schlag ins Gesicht, als er mal sagte, er hätte den Verdacht, mein Mann wäre nicht Vater- sondern Mutterersatz (weil ich oft genug gezeigt hatte, dass solche Auslegungen mir überhaupt nicht passten), das Gefühl des Nicht-ernst-genommen-werdens, wenn er meine Vergiftung anzweifelte und meinte, ich würde so viel trinken (ich hatte immer eine Flasche Wasser mit), dass in meinem Körper gar keine Giftstoffe mehr sein könnten, das Abgeschnitten-werden vom Gefühl, wenn er plötzlich fragte "warum weinen Sie jetzt?" (was angeblich dazu dienen sollte, dass ich mir bewusst werde, warum ich weine, aber nur erfolgloses Nachgrübeln zur Folge hatte), die Hilflosigkeit, wenn er von dem ablenkte, was mir gerade wichtig war, weil er besser als ich zu wissen meinte, was jetzt gerade Thema wäre, den Ärger über Spitzfindigkeiten wie "versuchen ist zu wenig" oder "enttäuscht kann man nur werden, wenn man sich vorher getäuscht hat" (oder getäuscht wurde - und genau darin war er ja meisterhaft) und sein "und uneigenltich?", wenn ich mal das Wort "eigentlich" verwendet hatte - und über all dem das Gefühl, dass ich nicht so war wie ich sein sollte, und das, obwohl er ziemlich am Anfang verkündet hatte, dass man erst mal sich selbst akzeptieren müsse, wie man sei, damit man sich ändern könne. Eine unerfüllbare Forderung,  wenn nicht mal der Therapeut einen so akzeptiert, wie man ist! Er lenkte meine Aufmerksamkeit darauf, wie meine Eltern mich nicht sein ließen wie ich war und tat es - mehr oder weniger unauffällig - doch selbst! Wenn ich meine Arme vor der Brust verschränkte, hatte mein Vater gesagt, ich würde davon bucklig werden und es sei kein Wunder, wenn ich nicht genügend Luft bekomme, wenn ich den Brustkorb so einenge. X mochte es auch nicht, wenn ich die Arme verschränkte, er interpretierte es aus seinem Verständnis heraus als Abwehr gegen ihn. (Ich empfand diese Stellung einfach am angenehmsten, vor allem, wenn wir eine Trance machten. Und dann habe ich auch noch im JSJ-Kurs gelernt: die Ellbogen zu halten hilft um inneres Gleichgewicht zu stärken und die Macht anderer zu schwächen. Das war wohl auch nicht in seinem Sinne!) Und es gab noch eine Reihe anderer Parallelen zu meiner Erziehung, was mir erst im Nachhinein auffiel: Die manchmal gönnerhafte Preisgabe von Informationen, mit der er mich "einwickelte", das Erzählen von anderen, womit er mir mitteilte, wie er mich gerne hätte und wie nicht - ich hatte es ihm erzählt, dass mein Vater so agiert hatte, und dabei nicht gemerkt, dass er selbst es ebenso tat. Hätte ich das müssen? Wäre es nicht seine Aufgabe gewesen, als geschulter Therapeut, der mir mal einen (sehr unverständlichen) Vortrag über Übertragung und Gegenübertragung gehalten hat? Und wozu war es gut, dass er gelegentlich fragte, wie es mir mit ihm und der Therapie ging, wenn er mich so beeinflusste, dass ich nur die gewünschten Aussagen machen konnte, die ihn bestätigten? Manchmal wünsche ich, ich könnte ihm heute sagen, wie die Therapie war, wie er sich benahm. Aber ich habe keine Lust dazu, jemals wieder mit ihm in Kontakt zu kommen!

 

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